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Ein Dach für eine Nacht

(Quelle: SVZ Zeitung für Schwerin und Umland – 22.08.2019)

Wer auf dem Birgitta-Weg pilgert, findet in Wittenförden eine Bleibe und wird empfangen vom Pilgerbeauftragten Roland Hill

Katharina Hennes
Wittenförden

Ein Küche. Zwei Toiletten. Ein Raum mit Heizung. Kein Bett. Wer hier schläft, der hat Isomatte und Schlafsack selbst dabei. Der erwartet keinen Komfort, sondern nur einen trockenen Platz für die Nacht. Pastor Martin Schabow öffnet die Tür zum Gemeinderaum in der Kirche. Der letzte Gast war etwa vor fünf Wochen da. „Ein Mann aus der Berliner Gegend“, erinnert sich der Pastor. „Wir haben uns nur kurz gesehen. Er kam spät und brach früh auf. Aber er hat geschwärmt. Vom Ausblick auf unseren Dorfteich und der Ruhe im Ort.“

Gewöhnlich empfängt Roland Hill die Gäste, die über den Birgitta-Weg ins Dorf gelangen. Hill ist der offizielle Pilgerbeauftragte der Gemeinde. Er ist früher selbst gepilgert. Auf dem Jakobsweg. 1000 Kilometer in sechs Wochen. „Zehn Jahre ist das her, aber ich bin heute noch beseelt davon“, erzählt er. „Ich war noch nie so entspannt wie beim Pilgern. „Man ist zufrieden mit wenig. Hat keinen Stress. Kein Radio, kein Fernsehen, kein Handy. Man sieht wieder das Wesentliche. Fühlt sich geistig frisch.“ Nicht des Glaubens wegen sei er gepilgert, sondern wegen der Erlebnisse und der vielen menschlichen Begegnungen. Dass durch Wittenförden ein Pilgerweg führt, hat der 35-jährige Familienvater zufällig erfahren. „Der Pastor hatte beim Herbstfeuer vor drei Jahren davon erzählt. Damals gab es die Überlegung, auf der 30 Kilometer langen Etappe zwischen der Kirche auf dem Schweriner Dreesch und dem Schloss Dreilützow eine Zwischenstation in Wittenförden einzurichten. „Ich fand die Idee toll und hab mich gleich dafür gemeldet“, sagt Hill. „Bevor es keiner macht, mache ich es.“ Seitdem ist er der Ansprechpartner für die Pilger.

Zwanzig Kilometer sind es zu Fuß von Wittenförden bis zur nächsten Bleibe in Dreilützow. Hill ist den Weg selbst noch nie gegangen. Doch die Wegbeschreibung in dem kleinen Handbuch, das jeder Pilger bei sich trägt, klinge verlockend: „Nach 800 Metern erreichen wir den Mischwald Söring…“, steht darin. „Wir überqueren einen Bach und kommen dann an der Grambower Schäferei vorbei, 520 Meter danach am Weiler Grambower Moor“… Verlaufen könne man sich auf den Pfaden abseits der Verkehrsstraßen nicht, so Hill. „Es gibt unterwegs genügend kleine Hinweisschilder mit gelben Pfeilen.“ Pastor Schabow wird den Weg im nächsten Sommer mit Kindern aus Wittenförden wandern. Von Bleibe zu Bleibe. Mit leichtem Gepäck. Roland Hill will die Gruppe begleiten – um wieder den Blick fürs Wesentliche zu schärfen.

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